Ein gutes Foto…?

Ich habe mich mit dieser Frage, was für mich ein gutes Foto ausmacht, lange Zeit überhaupt nicht beschäftigt. Natürlich gab es immer Fotos, die ich gut oder weniger gut fand. Fotos, die ich länger betrachetet habe und andere, die nach einem flüchtigen Blick überblättert wurden. Bilder, die mich noch lange zum Nachdenken anregten und andere, die ich gleich wieder vergessen hatte. Doch ich hatte nie über das „Warum“ nachgedacht. Warum nehmen manche dieser Fotos mehr meiner Zeit ein und stechen aus dieser unglaublichen Menge an Bildern, die wir jeden Tag sehen (müssen) hervor?

Bis ich dann einen Fotokurs bei einem meiner Idole startete und gleich die erste Frage war: Was macht für dich ein fesselndes Foto aus? Und ohne diese zu beantworten, durfte man diesen Kurs nicht fortsetzen. Man war also endlich einmal dazu gezwungen, sich mit dieser – wie ich jetzt weiß – essenziellen Frage der Fotografie auseinander zu setzen.
Warum gefallen mir manche Fotos besser als andere?
Was ist es, das diese Fotos für mich (und nur für mich) herausstechen lässt?
Und warum ist es wichtig, sich diese Frage zu stellen?

Stute Highlight in der Abendsonne | Pferdefotografie | München Starnberg | Sarah Koutnik Fotografie | Blogbeitrag gutes Foto

Ein gutes Foto – eine oberflächliche Betrachtung

Da steht sie dann also, diese Frage.
Und ganz leichtfertig denkt man sich – ist ja eh klar, was ich als gutes Foto sehe.
Es soll scharf sein. Scharf sein, und den Regeln einer guten Bildgestaltung folgen.
Das waren meine ersten Gedanken dazu.
Wenn ich sie jetzt so lese, muss ich dann doch ein wenig über mich selbst lachen. Dass ausgerechnet diese Gedanken die ersten waren, die mir in den Sinn kamen…

So richtig zufrieden war ich mit dieser Antwort dann aber auch nicht. Ist es wirklich das, was mich ein Foto länger betrachten lässt? Seine Schärfe? Gibt es da draußen nicht abertausende wirklich knackscharfer Fotos, die wunderschön gestaltet sind, aber trotzdem von mir nicht wirklich wahrgenommen werden?
Habe ich schon jemals bewundernd gesagt: Mei, das ist aber ein wirklich scharfes Foto, wow. Man kann jedes einzelne Haar erkennen. Wie großartig!
Oder etwas in der Art wie: Ja, der goldene Schnitt wurde bei diesem Bild wirklich ganz und gar meisterhaft eingesetzt! Dazu diese Linienführung – nein, also so ein gutes Foto aber auch!

Nein.
Habe ich natürlich nicht.

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Ein gutes Foto – eine persönlichere Betrachtung

Ich habe also mein Notizbuch erstmal zu Seite gelegt, den Kurs Kurs sein lassen und angefangen, wirklich über diese Frage nachzudenken.
In den nächsten Wochen habe ich begonnen, Fotos ganz anders zu betrachten. Wenn mir eines gut gefallen hat, habe ich mich ganz ehrlich nach dem Warum gefragt und mir das aufgeschrieben. Manchmal waren es diese Antworten ganze Sätze und Erklärungen, manchmal einzelne Worte wie „gelb“ oder „Winter“.
Und so langsam hat sich meine Antwort auf die Frage herauskristallisiert.
Ich habe auch viel darüber nachgedacht, warum ich mit der Fotografie angefangen habe und was so meine ersten Fotos waren, die da aus dem kleinen, analogen Apparat rausgekommen sind. Oft unscharf, oft verwackelt und trotzdem sehe ich sie mir auch heute noch gerne an (ja, einige analoge „Meisterwerke“ gibt es auch heute noch, gut versteckt bei meinen Eltern – vielleicht zeige ich sie euch auch einmal…). Es ist also auf keinen Fall die technische Perfektion, die für mich ein gutes Foto ausmacht. Und auch nicht die „richtige“ Anwendung der Regeln der Bildgestaltung. Sondern etwas ganz anderes.

Ich habe meine Gedanken dann also sortiert und aufgeschrieben und war mit der Antwort deutlich zufriedener, als mit der oberflächlichen Betrachtung.
Es hat im übrigen – wie ich leider zugeben muss – viel zu lange gedauert, bis ich auch herausgefunden habe, dass in diesem Kurs von fesselnden und nicht von guten Fotos gesprochen wurde. Ich möchte aber hier keinen Unterschied mehr machen. Für mich ist ein gutes Foto ein fesselndes. Alles andere sind technisch einwandfreie Fotos – die manche sicherlich auch als gut betrachten, ich für mich möchte da aber eine klarere Trennung haben.

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Was macht für mich ein gutes Foto aus?

Hier möchte ich einfach nur aus meinem Notizbuch zitieren (ich hätte euch die Seite gerne auch im Original gezeigt, aber ich befürchte, die Schrift, die ich für mich persönlich verwende, ist nicht unbedingt gut lesbar für andere Augen):

Ein fesselndes Foto bringt eine Saite in mir zum Schwingen.
Es zeigt Emotionen, die ich kenne und die es in mir wiedererweckt oder es zeigt mir solche, die mir fremd waren und sind.
Es regt mich zum Nachdenken an – und das auf unterschiedliche Art und Weise. Ein fesselndes Foto lässt mich nicht mehr los und verändert meine Sicht auf die Welt ein kleines bisschen.
Es erzählt eine Geschichte und zeigt mir Orte, an denen ich bisher nie war. Nimmt mich mit auf eine Reise.
Wenn ich es betrachte, spüre ich den Regen und die Sonne auf meiner Haut, ich höre das Lachen und fühle die Wut, rieche und schmecke den Rauch, das Heu, das frische Brot.
Ein fesselndes Foto ist für mich ein Tor. Ein Tor in eine andere Welt, eine Brücke, die mich für einen kurzen Moment mit der Seele des Ortes, des Portraitierten und vor allem der des Fotografen verbindet.

Warum ist es so wichtig, sich diese Frage zu stellen?

Das ist einfach beantwortet.
Wenn ich weiß, was mich berührt, weiß ich, wo ich hin möchte.
Meine persönliche Definition eines guten Fotos ist mein Kompass, sie zeigt mir die Richtung, in die ich gehen muss – denn ich habe keine andere Wahl, als in diese Richtung zu gehen. Dort ist meine Fotografie zu Hause.
Es ist ein langer Weg bis dort hin, schnell verliert man auch den Kurs aus den Augen und verirrt sich. Dann ist es wichtig, seinen persönlichen Kompass dabei zu haben, der einem den richtigen Weg aus dem Labyrinth zeigt.
Gehen muss man ihn jedoch selbst.